Der Molenturm von 1906


Über den Molenturm, der 1906 in Betrieb ging, sind kaum Aufzeichnungen bekannt. Deshalb fällt die Darstellung gegenüber der Zweiten Version von 1926 etwas magerer aus. Oft wird geschrieben, dass der Molenturm in seiner jetzigen Art aus dem Jahre 1906 stammt. Dem ist aber nicht so. Darauf gehen wir etwas später nochmal ein. Für die Südmole war schon 1902 zunächst eine einfache Bake geplant worden.

Aufgrund der zu erwarteten Schiffsströme in die Häfen, war schnell klar, dass vor Ort jemand sein musste, um die Schiffsbewegungen beaufsichtigen und lenken sollte. Aus diesem Grund wurde zunächst ein Baugleicher Molenturm, wie er bereits an der Südmole des Europahafens vorhanden war, geplant. Verschiedene Entwürfe wurden erstellt und man entschied sich letztlich für einen einfachen, aber anschaulichen Bau aus Portasandsteinen.

Der Molenturm bestand aus einem Kellergeschoss, sowie einem Erd- und Zwischengeschoss, auf dem zum Schluss das Laternenhaus und eine Galerie vorhanden und ringsum begehbar war. Der Turm hat im Gegensatz zu seinem Nachfolger eine etwas abgerundete, bauchigere Außenfassade und bestand aus einem Stahlbetonkern. Des weiteren war am Molenturm selbst ein Anbau, das eigentliche Molenwärterhäuschen mit Dachboden vorhanden. Dieser Anbau hatte 3 Türen zur jeder Seite und einen separaten Eingang in den Molenturm.

Die Ausstattung war aus heutiger Sicht eher spartanisch einfach gehalten. Ein Holzofen, vermutlich eine Küchenhexe, eine Torftoilette, sowie Stühle und Tische waren vorgesehen. Das war die Dienststelle der Beamten. Der Molenturm an sich hatte nur die Funktion, das Leuchtfeuer zu tragen. Die einzelnen Etagen waren durch eine einfache Holzleiter zu besteigen. Die Räume hatten eventuell die Funktion als Lager. Näheres ist leider nicht bekannt. Auf die Frage, warum die erste Version des Molenturms nur 19 Jahre bestanden hat, lässt sich anhand eines Vorfalles vom 06. April 1925 darstellen.

Beim einlaufen in den Vorhafen stieß der englische Dampfer „Anglo Columbian“ am 06. April 1925 frontal gegen die Mole und drang ca. 1,5 Meter in die Mole ein. Der Turm neigte sich zur Seite. Der Untergrund wurde durch Ebbe und Flut immer weiter ausgespült und der Turm drohte ins Wasser zu stürzen. Laut Wetteraufzeichnung war die Sicht klar. Eine schnelle Bergung des Molenturms war nötig, damit der Schiffsverkehr in keinster Weise beeinträchtigt wird.

Die Schäden an der Anglo Columbian waren überschaubar. Wo dieser Schaden behoben wurde, ist unbekannt. Nachfolgend noch ein paar Technische Datem zum Dampfer:

4,800 BRT.
1907 Gebaut bei Shorts Bros., Ltd., Sunderland
Reeder: Nitrate Producers´SS. Co., Ltd (Lawther, Latta & Co.), London.
Kapitän des Dampfers war zu jener Zeit ein Mr. Cherkberough.

Hier bestand schnellstmöglich Handlungsbedarf, denn der Turm drohte in die Weser zu stürzen. Vom Tonnen- und Bakenamt wurde zunächst ein Ersatzfeuer aufgestellt und dann ging es darum, den Molenturm zu sichern, indem man ihn mit Stahltrossen und Stützbalken sicherte. Die aufgerissene Molenwand füllte man mit Sandsäcken, damit das Wasser die Mole nicht weiter auspülen konnte.

Jetzt ging es darum, den Molenturm schnellstmöglich und sicher zu bergen, da ein richten des Turmes nicht mehr möglich war. Dazu war es nötig, einen Schwimmkran zu herbeizuführen. Hierbei bestand das Problem, dass alle in Bremen vorhandenen Schwimmkrane nicht mehr wie 100 Tonnen heben konnten, da man davon ausging, dass der Turmrest ca. 110 Tonnen wiegen würde und eventuell beim heben das Fundament (Keller) mit angehoben wird. Dann wären es sicher mehr wie 110 Tonnen gewesen.

Die AG Weser konnte mit ihren Schwimmkranen nicht aushelfen und nahm dann Kontakt zur Kaiserlichen Marinewerft in Wilhelmshaven aus, da die Werft dort einen großen Schwimmkran im Einsatz hatten, der 250 Tonnen heben konnte. Die Rede ist vom sog. “Langen Heinrich“, ein Schwimmkran der DEMAG, der heute als Industriedenkmal im Hafen von Genua sein Zuhause hat. Während der Anreise des Schwimmkrans, die 2 Tage andauerte, wurde der Molenturm mit weiteren Stahlringen, Trossen und Anschlägen versehen.

Am 12.04.1925 war es dann endlich soweit. Der Schwimmkran machte Hafenseitig an der Mole fest und nahm den Molenturm an den Haken. Man hatte Glück, denn das Fundament war nicht mehr mit dem eigentlichen Turm verbunden. Der Turmrest wurde dann ca. 30 m weiter Südlich auf die Mole abgesetzt. Schnell war man sich einig, dass ein neuer Molenturm dort errichtet werden muss, man aber den alten Turm nicht einfach entsorgt, sondern alles verwendbare mit in den neuen Molenturm mit einplanen müsse. So ist wenig später das Fundament entfernt und der Turmrest säuberlich mit seinem Laternenhaus zerlegt worden.

Die Mole wurde anschließend mit einer Spundwand am Molenkopf verstärkt und das alte Kellerfundament entfernt. Die Planungen für den neuen Molenturm waren im Februar 1926 abgeschlossen und somit beginnt die Wiedergeburt des uns heute so vertrauten “Mäuseturms“, wie er umgangssprachlich wegen seiner Burgartigen Architektur und Größe von der Bevölkerung getauft wurde.